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Auf der Pfaueninsel

Spaziergänge in Preußens Arkadien

Erschienen am 21.02.2007
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783886808694
Sprache: Deutsch
Umfang: 105 S., 10 s/w Illustr., mit zahlreichen Abbildung
Format (T/L/B): 1.6 x 20.5 x 12.5 cm
Einband: Leinen

Beschreibung

Eine preußische Insel im Strom der Zeit »Über Preußen und seine Geschichte ist in den vergangenen Jahren viel geschrieben worden. Aber noch nie, soweit zu sehen, wurde der Versuch unternommen, die preußische Geschichte, ihre Höhepunkte und Niederungen, aus der Perspektive eines einzigen Schauplatzes darzustellen, eines winzigen Ortes, der mit dem großen Kurfürsten in die Geschichte trat und mit Hitlers Untergang wieder aus der Geschichte verschwand.« Die ZeitDie Pfaueninsel, die lange Zeit nur eine unter vielen Inseln im Flusslauf der Havel war, wird erst durch die wunderliche Liebhaberei eines Kurfürsten und dann durch die unerlaubte Liebschaft eines Prinzen in die Geschichte geholt. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts ist die Pfaueninsel im Besitz des Hauses Hohenzollern und mit den Namen von preußischen Königen und Künstlern verbunden. Sie erweist sich als ein Schauplatz preußischer Geschichte, von dem tatsächliche wie legendenhafte, große wie unbedeutende Ereignisse überliefert sind. Es ist der Ort, wo Alchimisten ihr dunkles Handwerk trieben, preußische Prinzen vor der Revolution von 1848 Zuflucht suchten und Hitlers Adjutanten das Testament des Diktators aus dem eingeschlossenen Berlin nach draußen brachten. Dieser zum Klassiker gewordene Essay Wolf Jobst Siedlers, vor Jahren in der Reihe »Corso« und später als Fotobildband erschienen, wird nun als schöner, mit historischen Illustrationen geschmückter Geschenkband neu aufgelegt. Schön gestaltete und liebevoll illustrierte Neuausgabe. Preußische Geschichte aus ungewohnter Perspektive. Ein klassisch gewordener Essay Wolf Jobst Siedlers. Ausstattung: mit zahlreichen Abbildungen

Autorenportrait

Wolf Jobst Siedler, 1926 geboren, wurde in den fünfziger Jahren einer der bedeutendsten Publizisten und Verleger Deutschlands. Fast zwanzig Jahre lang leitete er die Verlage Ullstein und Propyläen sowie von 1980 bis 1998 den von ihm gegründeten Siedler Verlag. Siedler trat durch zahlreiche Essays und Bücher auch selbst als Kritiker und Kommentator der politischen Zustände Deutschlands hervor. Zu seinen wichtigsten Büchern zählen "Die gemordete Stadt" (1964), "Auf der Pfaueninsel" (1986), "Abschied von Preußen" (1991) und seine Erinnerungen "Wir waren noch einmal davongekommen" (2004). Sein Werk wurde mit einer Vielzahl von Preisen, unter anderem dem Großen Schinkel-Preis, dem Ernst-Robert-Curtius-Preis für Essayistik und dem Nationalpreis ausgezeichnet. Wolf Jobst Siedler starb im November 2013 in seiner Heimatstadt Berlin.

Leseprobe

DIE GESCHICHTE, auch die große, verdichtet sich mitunter am kleinen Ort. Die Schlacht von Waterloo, die nicht nur über das Schicksal des Kaisers entschied, sondern die Ordnung Europas für ein halbes Jahrhundert festlegte, zog sich in den Mittagsstunden in dem Kampf um den Gasthof zusammen, der den schicksalhaften Namen Belle Alliance trug; immer wieder wurde er genommen und verloren. Sind noch Steine vorhanden? Suchend wandert man über die Felder bei Brüssel. Ein dreiviertel Jahrtausend zuvor lagerten beide Heere einen Tag lang am Nebenfluß des Salto, als Konradin sich anschickte, nach dem Erbe der Väter zu greifen. Weder der Staufer noch Karl von Anjou setzten über die hölzerne Brücke, die den tief eingegrabenen Wasserlauf überspannte; wer den Steg beschritt, mußte die eigene Formation auflösen. So ritt der Schwabe an anderer Stelle durch das Bachbett auf jenen Weg, der ihn nach Tagliacozzo und schließlich nach Neapel führte. Aber nirgendwo eine Brücke, kein Fluß, nicht einmal das Steilufer. Versunken, eingeebnet, verweht wie der Jüngling und wie die Staufer. Die Geschichte ist voller unscheinbarer Plätze dieser Art, an denen sich, obgleich selber ohne Geschichte, Geschichte vollzogen hat. In diesem Sinne halten Häuser, Bäume und Inseln vielerlei Erinnerungen für den Reisenden bereit, sind Geheimschlüssel zur Öffnung vergangener Welten. Selbst der Wandel von Natur markiert Geschichte. So muß sich der Reisende beim Besuch von Agrigent oder Selinunt stets vergegenwärtigen, daß die Tempelbezirke in alter Zeit inmitten von Buchen und Eichenwäldern standen. Es ist römische Hinterlassenschaft und maurisches Erbe, was an mediterranem Wuchs heute die Küsten säumt. Tatsächlich nimmt die Seele das Land der Griechen besser als das Auge wahr. In diesem Sinne läßt sich Geschichte erfahren, wohin immer der Schritt uns führt. So ist der Versuch dieses Bandes als Übung in der Aneignung des Beiläufigen gemeint. Ein belangloser Flecken in der Umgebung Berlins, ein schilfiges Eiland inmitten der Havel, ruft dem inneren Auge Ereignisse herauf, die selbst dessen Geschick berührt haben, der den Namen Pfaueninsel nie gehört hat. Auch in Miniaturen dieser Art ließe sich Geschichte erfassen, auf andere, nicht mindere Weise als der des Historikers. UND IMMER WIEDER Feuer über der Insel. Mit schwelendem Brand und beißendem Qualm tritt sie in die Geschichte. Die Rauchsäule steht so hoch über dem schilfigen Dickicht, daß die Leute nicht nur im weiter flußaufwärts gelegenen Kladow, sondern auch unten beim Gut Sakrow, wo man Fasanen- und Pfauenzucht treibt, den schwefligen Geruch schmecken und von dem Unwesen sprechen, das auf dem Eiland getrieben wird, heiklen Prozeduren mit Zaubersprüchen bei Mondlicht. Der Feuerschein eines ausbrennenden Schiffes erleuchtet weithin die nächtliche Wasserfläche, als sie zum letzten Mal in der Geschichte ist. Ein Kurierflugzeug kreist in Wipfelhöhe um die Ufer, ein Flugboot wassert, Männer paddeln, vom flackernden Licht explodierender Munition aus dem Dunkel gerissen. Dann ein Maschinengewehr aus der Gegend von Moorlake her, schließlich Stille. Die Insel sinkt ins Dunkle. Dazwischen liegen drei Jahrhunderte. Bedenkliche Liebesfeste zwischen halben Kindern, die sich zu Eltern machen, sommerliche Idyllen eines Königspaares, dann der Kaiser und der König. Auf dem Kiesgrund vor dem Schloß deklamiert Demoiselle Rachel vor Zar Nikolaus Racines 'Phädra', und der Kaiser küßt der französischen Tragödin im Angesicht der Zarin die Hand und verzeiht, daß sie während der Revolutionsjahre als 'Göttin der Freiheit' von der Bühne herab die Marseillaise gesungen. Ein paar Jahrzehnte später, und eintausend Gäste sind auf dem Rasen versammelt. Eine Italienische Nacht, die Regierung hat geladen, Lampions machen die Kronen der Bäume zu Kandelabern, Dutzende von Mädchen in Pagenkostümen der Renaissance geleiten die Ankommenden zu ihren Tischen, darunter die Söhne Mussolinis. Dann wird Geschichte wieder zu Natur. Schilfumstande Leseprobe

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